Zahnlose Wahl

Betreff: Gemeinderats-Ersatzwahl in St. Margrethen
Rheintaler, 27. August 2019

Es kommt also zur Kampfwahl in unserem Dorf. Doch unter Kampf stelle ich mir etwas anderes vor. Es geht um eine Ersatzwahl für den Gemeinderatseinsitz des ausgetretenen Andreas Trösch. Dieser wurde als schwarzes Schaf bezeichnet, weil er nicht immer die gleiche Meinung wie der restliche Gemeinderat vertrat.

Die beiden neuen Kandidaten sind zahnlos, suchen den Konsens und scheinen gemäss Interviews harmonisch in den Gemeinderat zu passen. Von differenzierten und abweichenden Meinungen spüre ich nicht viel. Und somit ist es völlig egal, wer denn nun gewählt wird. Es bleibt alles beim Alten und von frischem Wind ist nichts zu spüren.

Da haben wir den SP-Kandidaten Armin Hanselmann, 27 Jahre alt, Politikwissenschaftler, der ab 1. September eine 80 %-Stelle in Bern bei den Parlamentsdiensten antritt. Viel Erfahrung in der Arbeitswelt scheint er nicht zu haben. Durch das lange Studium in Bern hat er wahrscheinlich eine verzerrte Wahrnehmung, was die Entwicklung in unserem Dorf betrifft. Seine «persönliche Motivation», wie er es selber genannt hat, dürfte eher auf seine Karriere ausgerichtet sein, und weniger aufs Anpacken.

Gemäss FDP-Ortsparteipräsident Ralph Brühwiler hat im Gemeinderat politisches Handeln kaum Platz. Was also nützt ein frisch studierter Politikwissenschaftler im Gemeinderat, der die ganze Woche in Bern verbringt?

Die zweite Kandidatin, die parteilose Petra Rüttimann, 47 Jahre alt, bringt einen grossen Rucksack an Lebens- und Berufserfahrung mit. Sie ist eine Frau aus dem Volk und hat sicher ein gutes soziales Gespür für Anliegen der Bürger. Auch kennt sie sich, beruflich bedingt, mit Gemeindestrukturen und dem rechtlichen Rahmen aus. Allerdings stört sie der sehr hohe Ausländeranteil in St. Margrethen nicht, und sie hofft, dass beide Seiten toleranter werden.
Tja, von einem höher gelegenen Wohnort aus erlebt man eben nicht, was sich im Dorfzentrum so abspielt.

Wir haben nun zwei genehme Kandidaten, die aus unterschiedlicher Motivation heraus Gemeinderat werden wollen. Beide schwimmen mit dem Strom und beide sind sicher willkommen im Rat.

Die Kampfwahl ist eher eine zahnlose Zufallswahl und sie lässt den Status quo der politischen Macht weiterhin verharren.

Meine Stimme geht jedoch eher an Petra Rüttimann.

Marcel Toeltl

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