Über nette Zeitgenossen

Wie jeden Morgen werfe ich einen Blick aus dem Fenster in unseren Garten. Und schon steigt bei mir wieder mal der Blutdruck und ich werfe innerlich mit Worten um mich, welche in den Medien mit Pieps usw. zensiert werden.

Ich weiss ja dass wir in einer Wegwerf-Gesellschaft (kaufen – defekt – entsorgen – neu kaufen) leben. Aber dass manche Zeitgenossen dies auch auf Konsumartikel anwenden, ist nervig und primitiv. Primitiv deshalb, weil sorglos Alu Getränkedosen, Fastfood Kartons und Becher, Zigarettenstummel und gefüllte Robidog Säcke auf öffentlichem oder privatem Grund entsorgt werden. So ganz nach dem Motto, jemand anderes kann es entsorgen. Hauptsache ich bin es los.

Und nervig ist es für diejenigen, die den so entsorgten Abfall nun bei sich vorfinden und vor der Entscheidung stehen diesen Abfall sachgemäss zu entsorgen oder auf den öffentlichen Grund zu befördern, damit er zum Problem und Ärgernis vieler wird und die Gemeinde und Polizei endlich härter gegen Abfallsünder vorgeht. Und ja, soll ich, als nicht Hundehalter, nun den gefüllten und starkt stinkenden Robidog Sack zur nächsten Robidog Sammelstelle tragen oder bei mir in den Abfallsack tun? Sie verstehen sicher weshalb in so einer Situation der Blutdruck ansteigt.

Ja, manche Zeitgenossen machen sich das Leben sehr einfach. Sie wandeln als KonsumENTEN durchs Leben und hinterlassen überall ihre Spuren mit sorglos weggeworfenem Abfall. Die anderen können es ja aufräumen.

Viele davon sind noch in der Schule oder im jugendlichen Alter. Und viele davon klagen uns Ältere an, dass wir deren Zukunft zerstören und sie ihr klauen. Doch möchte ich daran erinnern, dass noch vor wenigen Jahrzehnten, als es diese junge Generation noch nicht gab, die Schweiz als sehr sauber galt. Da herrschte noch Ordnung, Disziplin und Achtung vor dem Eigentum anderer. Auch Respekt gegenüber der älteren Generationen wurde gezollt.

Und nun stellt sich die Frage, wer oder was ist daran schuld, dass es solche Zustände wie heute gibt?

Oder wie gerade heute an der Migrol Tankstelle in St. Margrethen erlebt. Da fährt eine junge Frau mit Beifahrerin, beide nicht angeschnallt, auf den möglichst des Eingangs nächsten, freien Tankplatz. Die Beifahrerin steigt aus und verschwindet im Laden. Der schicke Mercedes steht nun mit laufendem Motor und offenen Fenstern, ohne Tankvorgang, auf dem Tankplatz und die junge Frau am Handy.
Auf meinen Hinweis dass man hier nicht mit laufendem Motor halten und warten darf, rastet die junge Frau förmlich aus und schreit dass mich das nichts anginge. Ich habe ihr dann klar mitgeteilt dass es mich etwas angeht und bin dann losgefahren.

Und nein, ich bin überhaupt nicht neidisch auf die Mercedes Fahrerin. Wir wissen ja zu welcher Kategorie die meisten dieser jungen (BMW und Mercedes) Fahrer gehört. Und mit meinem V8 Muscle Car brauche ich mich nicht zu schämen. Dafür bleibt mir nur ein müdes Lächeln gegenüber diesen Posern und Ignoranten.

Nun nochmals zurück zur Frage, wer oder was ist daran schuld, dass wir heute solche Zustände haben?

Meine persönliche Analyse dazu besagt, dass unsere Generation daran nicht ganz unschuldig ist. Ich bin zwar erst sehr spät Vater geworden, aber ich beobachte und denke schon seit meiner Kindheit über vieles nach. Alles hat seine Ursache. Und diese zu ergründen erweitert den persönlichen Horizont.

Unsere, wie auch die Generationen davor, haben schon immer dafür gearbeitet und gelebt, um deren Kindern ein sicheres und besseres Leben zu ermöglichen. Diese Eltern haben dafür auf sehr viel sehr gerne verzichtet, denn es war ja für eine gute Sache. Ihr Kind sollte es mal besser haben als sie.

Und so entstand über Jahrzehnte hinweg eine Wohlstandsgesellschaft in der es fast an nichts fehlte. Die junge Generation wuchs auf Wolke 9 auf, wohlbehütet, absolut sicher und an nichts Fehlendem. Diese junge Generation hat null Erfahrung darin, was es heisst, für etwas zu kämpfen um daraus das Beste zu machen.

Und genau diese Jugend feiert sich heute, fast jeden Freitag, mit Klimatänzen ab, und stellt Forderungen der älteren Generationen gegenüber. Es geht sogar soweit dass Omas zur Klimasau denunziert werden und ältere Menschen Corona bedingt von der Gesellschaft isoliert dahinsterben sollen. Der Respekt und die Achtung gegenüber der älteren Generationen ist auf ein absolutes Minimum gesunken.

Die junge Generation ist sich überhaupt nicht bewusst was sie mit ihrem Verhalten und ihren Forderungen verursacht. Die Vergangenheit kann man nicht ändern. Aber die Gegenwart, und insbesondere die Zukunft, kann man beeinflussen. Doch nur mit Fordern, ohne zu wissen oder zu erahnen was es für Konsequenzen hat, ist mehr als blauäugig. Eben, es fehlt an Erfahrung und dem Willen, auch mal das jahrzehnte alte Wissen der älteren Generationen abzuholen. Man weiss es ja besser, – schliesslich ging man ja zur Schule und was da vermittelt wird ist das einzig Wahre (wessen Wahrheit?). Mit zwanzig Jahren auf dem Designerkleider tragende Body, – Buckel kann man ja hier nicht sagen, da ein Buckel vom Chrampfen (Arbeiten) kommt – ist man allwissend und braucht die Alten nicht mehr.

Ja, unsere Gesellschaft hat es weit gebracht. Wir haben schon bald den menschlichen und gesellschaftlichen Touch Down erreicht.

Und falls es Junge gibt, welche sich nun darüber empören wie undifferenziert ich über Junge geschrieben habe, kann ich Euch beruhigen. Denn wenn dem so ist, dass Ihr euch empört habt, bin ich sicher dass ihr nicht zu denen gehört, welche asozial und rücksichtslos der Gesellschaft gegenüber stehen. Und mit diesem Wissen habe ich noch einen kleinen Funken der Hoffnung dass es mit unserer (noch) zivilisierten Gesellschaft weiter geht, und die momentane Situation nur eine vorübergehende Trübung ist. Also, wehrt Euch gegen diejenigen, die EURER Zukunft schaden, und nicht gegen diejenigen, die euch eine gute Zukunft vorbereitet haben.

Fortschritt ist oft Wohlstand, Rückschritt endet oft in Unruhen (haben wir jetzt schon) und Krieg.

Marcel Toeltl

Homeschooling

Meine Familie lebt im klassischen Familienmodell. Das bedeutet ich arbeite zu 100% und meine Frau führt das Unternehmen “Familie Zuhause”. Sie betreut unsere Kinder, führt den Haushalt, kauft ein, macht Frühstück und das Mittagessen und vieles mehr. Doch seit ein paar Wochen, wegen der vom Bundesrat verordneten Massnahmen infolge der Corona Pandemie, sieht der Alltag aller Familienmitglieder anders aus.

Meine Frau ist täglich mehrere Stunden mit der Betreuung beider Kinder (1, Kindergarten Jahr und 3. Schulklasse) beschäftigt, da sie bei den Aufgaben helfen und bei neuem Schulstoff quasi die Lehrkraft sein muss. Meine Frau macht das gut und unsere Kinder können den Lehrstoff in der geforderten Zeit, also nach vorgegebenem Stundenplan, absolvieren.

Bisher wurde so jeder Morgen durch das betreute Homeschooling beschlagnahmt. Meine Frau hat sich arrangiert und ich konnte dadurch meinen 100% Homeoffice Job meistens ungestört wahrnehmen.

Doch nun steht der Muttertag vor der Türe. Es ist also an der Zeit ein Muttertags-Geschenk zu basteln. Die Schule liefert dazu auch die Ideen, Vorlagen und Anleitungen. Das ist doch eine gefreute Sache.

Aber nun kommt der Haken. Bin ich denn Lehrer oder Schülerbetreuer? Mein Sohn muss nun dieses Muttertagsgeschenk basteln und ich darf/muss dabei helfen, da ja die zu beschenkende Mutter davon nichts erfahren darf. Das Geschenk ist nach Fertigstellung zu fotografieren und das Foto der Lehrerin einzureichen.

Die Schulen machen es sich schon einfach in dieser Corona-Krise. Wer wie ich bei einem 100% Job zurzeit im Homeoffice arbeitet, hat wohl andere Verpflichtungen als Kinder zu betreuen, welche ein anspruchsvolles, mehrstündiges Homeschooling absolvieren müssen.

Die Grundschulen sind noch nicht in der Digitalisierung angekommen und übertragen die Lehrertätigkeit den Eltern, – unbezahlt wohlverstanden.

Für was nochmals bezahlen wir Schulsteuern, wenn uns die Lehrertätigkeit und Betreuung schlussendlich übertragen und bei uns liegt?

Klar, es ist eine Ausnahmesituation. Und genau darum erwarte ich dass auch die Schulen und Lehrkräfte der Situation entsprechend einen Sonder-Effort leisten. Es kann nicht sein dass auch noch der Unterricht auf die, in dieser Situation schon anderweitig belasteten Eltern, abgewälzt wird.

Ich habe den glücklichen Umstand dass ich in der Informatik Zuhause bin und entsprechende Infrastruktur habe. Doch eine solche hat noch lange nicht jede Familie. Und doch wird dies von den Schulen als Selbstverständlichkeit angenommen.

Es wäre deshalb mehr als zu erwarten dass Familien für die erbrachten Leistungen und Aufwendungen einen steuerlichen Abzug oder eine Vergütung bekommen. Schliesslich wurden die Leistungen nicht freiwillig gemacht sondern als Folge der verordneten Corona Massnahmen aufgezwungen.

Wie die aktuelle Situation zeigt, ist unser Schulsystem nicht geeignet um Homeschooling zu betreiben. Nicht mal einen einfachen Online-Unterricht scheint es zu geben. Dabei sind verschiedene Softwarelösungen (Skype, Microsoft Teams usw.) auf dem Markt, welche genau dies ermöglichen würden.

Die Lösung kann jedoch nicht sein, dass Eltern ihre Kinder selber unterrichten müssen. Ansonsten ist das heutige Schulsystem ernsthaft in Frage zu stellen. Mit dem wöchentlichen Verteilen des Lehrstoffes an die Eltern, wie dies aktuell der Zustand ist, funktioniert der Unterricht anscheinend. Und so kann man sich fragen, wieso die Kinder überhaupt noch zum Präsenzunterricht müssen wenn die Eltern den Lehrstoff genauso vermitteln können.

Die Verantwortung liegt in dieser Zeit sowieso bei den Eltern. Und so könnten diejenigen Eltern, welche ihre Kinder selber (wahl- und wochenweise) unterrichten wollen, mit dem aktuell praktizierten System des Homeschooling in Zukunft fortfahren. Also einmal pro Woche ein Bildungspaket erhalten und damit zuhause unterrichten.

Marcel Toeltl